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 Erdferkel

link 11.06.2007 19:35 
Subject: OFF - вечерние чтения с EF
Вернемся в 60-е гг., в Германию

Hans Magnus Enzensberger

Befragung zur Mitternacht

Wo, die meine Hand hält, Gefährtin
verweilst du, durch welche Gewölbe
geht, wenn in den Türmen die Glocken
träumen, dass sie zerbrochen sind,
dein Herz?

Wo, welchen Kahlschlag durcheilst du,
die ich berühre wangenzart, welch ein
betäubendes Nachtkraut streift dich,
Träumerin, welch eine Furt benetzt
deinen Fuß?

Wo, wenn der hohle Himmel graut, Liebste,
rauschst du durch Traumschilf, streichelst
Türen und Grüfte, mit wessen Boten
tauscht Küsse, der leise bebt
dein Mund?

Wo ist die Flöte, der du dein Ohr neigst,
wo das Geheul das lautlos dein Haar
bauscht, und ich liege wie ein Gelähmter
und horch und wach und wohin
dein Gefieder?

Wo, in was für Wälder verstrickt dich,
die meine Hand hält, Gefährtin,
dein Traum?

 Zycsel

link 11.06.2007 21:05 
Добрый вечер или уже где-то ночи! Хотелось бы поместить что-то из любовной лирики В.Борхерта, который ушел из этой жизни 26-летним в 1947 году...не пережив ужаса и болезней войны.
Der Kuss Wolfgang Borchert

Es regnet - doch sie merkt es kaum,
weil noch ihr Herz vor Glueck erzittert:
Im Kuss versank die Welt im Traum.
Ihr Kleid ist nass und ganz zerschnittert

und so veraechtlich hochgeschoben,
als waeren Knie fuer alle da.
Ein Regentropfen, der zu Nichts zerstoben,
der hat gesehen, was niemand sonst noch sah.

So tief hat sie noch nie gefuehlt -
so sinnlos selig muessen Tiere sein!
Ihr Haar ist wie zu einem Heiligenschein zerwuehlt -
Laternen spinnen sich drin ein.

и еще одно - Liebeslied

Weil nun die Nacht kommt,
bleb ich bei dir.
Was ich dir sein kann,
gebe ich dir!

Frage mich niemals:
woher und wohin -
nimm meine Liebe,
nimm mich ganz hin!

Sei eine Nacht lang
zaertlich zu mir.
Denn eine Nacht nur
bleib ich bei dir.

 marcy

link 11.06.2007 21:20 
Из фривольного:)

Joachim Ringelnatz (1883-1934)

Ferngruss von Bett zu Bett

Wie ich bei dir gelegen
Habe im Bett, weisst du es noch?
Weisst du noch, wie verwegen
Die Lust uns stand? Und wie es roch?

Und all die seidenen Kissen
Gehoerten deinem Mann.
Doch uns schlug kein Gewissen.
Gott weiss, wie redlich untreu
Man sein kann.

Weisst du noch, wie wir's trieben,
Was nie geschildert werden darf?
Heiss, frei, besoffen, fromm und scharf.
Weisst du, dass wir uns liebten?
Und noch lieben?

Man liebt nicht oft in solcher Weise.
Wie fuehlvoll hat dein spitzer Hund bewacht.
Ja unser Glueck war ganz und rasch und leise.
Nun bist du fern.
Gute Nacht.

 Franky

link 11.06.2007 21:29 
Erich Fried

1) Was es ist

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe

2) Wegweiser

Was mich mutlos macht
ist dass es so schwer ist
zu sehen wohin ein Weg geht
zum Recht und zur sicheren Zukunft
aber was mir dann wieder Mut macht
ist dass es so leicht ist
zu sehen wo Unrecht geschieht
und das Unrecht zu hassen

Und auch wenn es nicht leicht ist
gegen das Unrecht zu kämpfen
so verliert man dabei
doch nicht so leicht seine Richtung
denn das Unrecht leuchtet so grell
und verbreitet so starken Geruch
dass keiner die Spur des Unrechts verlieren muss

Wenn der Weg zum Recht und zur Zukunft
dunkel ist und verborgen
dann halte ich mich an das Unrecht
das liegt sichtbar mitten im Weg
und vielleicht wenn ich noch da bin
nach meinem Kampf mit dem Unrecht
werde ich dann ein Stück
vom Weg zum Recht erkennen

 Franky

link 11.06.2007 21:47 
И на сон грядущий немного ужастиков от господина Тракля :-)

Siebengesang des Todes

Bläulich dämmert der Frühling; unter saugenden Bäumen
Wandert ein Dunkles in Abend und Untergang,
Lauschend der sanften Klage der Amsel.
Schweigend erscheint die Nacht, ein blutendes Wild,
Das langsam hinsinkt am Hügel.

In feuchter Luft schwankt blühendes Apfelgezweig,
Löst silbern sich Verschlungenes,
Hinsterbend aus nächtigen Augen; fallende Sterne;
Sanfter Gesang der Kindheit.

Erscheinender stieg der Schläfer den schwarzen Wald hinab,
Und es rauschte ein blauer Quell im Grund,
Dass jener leise die bleichen Lider aufhob
Über sein schneeiges Antlitz;

Und es jagte der Mond ein rotes Tier
Aus seiner Höhle;
Und es starb in Seufzern die dunkle Klage der Frauen.

Strahlender hob die Hände zu seinem Stern
Der weiße Fremdling;
Schweigend verlässt ein Totes das verfallene Haus.

O des Menschen verweste Gestalt: gefügt aus kalten Metallen,
Nacht und Schrecken versunkener Wälder
Und der sengenden Wildnis des Tiers;
Windesstille der Seele.

Auf schwärzlichem Kahn fuhr jener schimmernde Ströme hinab,
Purpurner Sterne voll, und es sank
Friedlich das ergrünte Gezweig auf ihn,
Mohn aus silberner Wolke.

 Regenbogen

link 11.06.2007 22:11 
Вот есть же люди! И на стихи времени хватает... Эхх...

 Erdferkel

link 11.06.2007 22:19 
Regenbogen, на стихи требуется меньше времени, чем на работу, - а удовольствия гораздо больше! :-)

 ElenaR

link 11.06.2007 22:26 
Читаю потихоньку каждый вечер. И восхищаюсь Вами.

Спасибо за то, что после нормально сумасшедшего дня возвращаете нас к человечному.

 987654321

link 11.06.2007 22:39 

 Erdferkel

link 11.06.2007 23:26 
Да, нам есть что вспомнить :-)

 Einer

link 12.06.2007 1:47 
Erdferkel,
будьте милосердны к тем, кто кроме как
"Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, Daß ich so traurig bin, Ein Märchen aus uralten Zeiten, ...." и "Anna und Marta fahren nach Anapa" другого не зна.т !

 Erdferkel

link 12.06.2007 8:10 
Гейне еще будет, подождите немного...
А пока почти на ту же тему - специально для Вас! :-))

'Seenot' - Kurt Schwitters

Wenn die Kraniche bellen
Auf den tanzenden Wellen,
Muß das Schifflein zerschellen.

Und die tausende Raketen,
Die beleuchten das täten,
Würden grausam zertreten.

Wer das jemals erlebet,
An den Zähnen erbebet
Und ins Jenseits entschwehöbet!

 marcy

link 12.06.2007 8:19 
lichtung

manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht velwechsern
werch ein illtum

(Ernst Jandl)

 

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